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In der Hoelle - Boese

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EINsamer-wANDERER's avatar
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Obwohl er wusste, dass er tot war, schlug er die Augen auf. Er war im Jenseits. Im freien Fall. Und um ihn herum schrien Menschen, die genau wie er fielen. Sie standen in Flammen, so schnell flogen sie. Der König sah das feste Gestein einer Klippe. Ungeschickt krachte er rein. Als er sich wieder erhob, betrachtete er sich seine Umgebung genauer an. Wie er es sich schon gedacht hatte, war er in der Hölle gelandet. Aber wieso? Hatte er nicht Reue gezeigt? Hatte er dem himmlischen Vater nicht klar gemacht, dass ihm seine vergangenen Handlungen leid taten? Aber es schien ihm egal gewesen zu sein. Also gut. Wenn er es nicht anders wollte. Ab sofort würde er wieder wie früher wüten. Sein Durst würde keine Grenzen kennen. Und er würde zuerst die Hölle zu seinem Reich machen, danach würde er in die sterbliche Welt zurückkehren und sie erobern, genau wie früher. Nicht einmal der Himmel war ihm heilig. Aber Vorrang hatte jene, die ihn geschwächt hatte. Die aus ihm einen Narren gemacht hatte. Seine Geliebte. So zog der König los, bereit alle drei Reiche zu erobern. Er sah sich diese trostlose Welt an. Aus dem roten Sand ragten die Spitzen großer Gebäude aus Stahl und Glas hervor. Blitze zuckten über den brennenden Himmel. Er sah, wie ausgemergelte Menschen von Dämonen gehetzt und getötet wurden. Aber die Menschen waren bereits tot und standen wieder auf. Die Dämonen kamen wieder und töteten die Menschen erneut qualvoll. Dies alles war ein ewiger Teufelskreislauf, der bis zum Ende der Zeit anhalten würde. Der König fragte sich, ob diese Menschen noch Blut in ihren Adern hatten. Wie ein ausgehungerter Wolf stürzte er sich auf das Vieh, als die Dämonen weg waren. Er trank, wie er schon seit Jahrhunderten nicht mehr getrunken hatte. Das Biest in ihm erwachte und brüllte nach Freiheit. Bereitwillig gab sich der König seinen niederen Instinkten hin. Als er umringt von den Leichen der Menschen und sein nackter Körper mit Blut gereinigt war, spürte er eine Veränderung seiner selbst. Das Tier in ihm freute sich über seine neugewonnene Freiheit und machte ihn stärker. Unter Schmerzen und Qualen sprossen ihm zwei Hörner aus der Stirn. Erfreut brüllte der König über diese neue Stärke und Macht, die durch seine Adern pulsierten. Behebe standen die Körper der Toten auf. Sie waren nun ebenfalls nicht mehr menschlich. Ihre Natur war nun vampirisch. Blind vor Durst warfen sie sich gegen den König. Der Lächelte bloß, über den schwächlichen Versuch ihn aufzuhalten. Er zerquetschte ihre Schädel. Riss ihnen die Herzen heraus und aß sie vor seinem untoten Publikum. Schockiert flohen seine Gegner. Es war für einen Vampir eine Sache Blut zu trinken, es war aber eine andere, Herzen zu verschlingen. Zu seiner Überraschung schmeckte es dem König. Er war nun weder Mensch, noch Vampir. Er war nun etwas Bösartigeres. Ein Übel, wie es die Welt noch nie erblickt hatte. Freudig zog er weiter. Endlich war er wieder er selbst. Nein, er war sogar mehr, als das. Kein schwächlicher Feigling, unter der Fuchtel einer alten Hexe. Aber etwas fehlte dem König noch. Er kannte sich nicht in dieser fremden Welt aus. Ein Führer wäre mehr als nützlich. Seine Augen schauten sich um und erblickten verlorene Seelen, die selbst einige Tagesreisen entfernt waren. Eine Seele stieß dabei besonders hervor. Ein Pfaffe. Einst ein hohes Mitglied der katholischen Kirche. Verdorben bis in die tiefsten Abgründe seiner Seele. Habgierig. Hungernd nach fleischlichen Gelüsten. Wut auf die Ungläubigen. Aber was bei ihm am meisten hervorstach war sein Hass auf Gott, der ihn in dieser Einöde verrotten ließ. Und er war ganz nahe. Der König ging ein paar Schritte. Er stieß mit der Hand in den Boden. Hecktisch wühlte er durch den Sand und bekam schließlich was zu fassen. Mit einem Ruck holte er den Verdammten an die Oberfläche. Der König sah seine Sünden. Ein einfacher Dieb. Er war nicht der, den er gespürt hatte. Schnell trank er sein Blut, aß seine Haut und sein Herz. Die Überreste schmiss er achtlos weg. Wieder wühlte er im Sand rum. Diesmal bekamen seine Hände den richtigen zu packen. Wimmernd und heulend sah der Papst in sein Antlitz. „Bitte tu mir nichts.“ Der König war enttäuscht. Er hatte sich einen anderen Mann unter all den Sünden vorgestellt. Aber in der Not frisst der Teufel bekanntlich Fliegen. Der König gab ihm mit Telepathie zu verstehen, was er begehrte. Mit so einem Insekt, wie den Pfaffen wollte er nicht sprechen. Im Hintergrund machte sich der Leichnam des Diebes aus dem Staub. Er war dem König egal. „Ja-ja, Herr. Ich bin schon sehr lange hier. Mein Name ist Papst Francesco XIII. Ich kann Euch führen.“ Der König stieß den Heiligen brutal weg. Seine Speichelleckerei widerte ihn an. Aber so konnte er sich wenigstens vorerst seiner Loyalität gewiss sein. Der König gab seinem Lakai zu verstehen, dass er den Anführer dieser Welt töten und sein Reich an sich reißen wollte. Der Papst erbleichte. Er schien nicht an seinem Sieg zu glauben. „Was?! Ihr seid wahnsinnig. Ihr könnt Mammon unmöglich töten.“ Mammon war also der Name, mehr brauchte er vorerst nicht zu wissen. „Ich kann Euch zeigen, wo er ist, aber ich werde mich in keinen Eurer Kämpfe einmischen.“ Bleibt mehr für mich, dachte der König bloß. Er wies dem Papst an, ihn zu führen. Francesco XIII. schaute sich um und schien dann in eine X-beliebige Richtung zu gehen. Der König schritt hinter ihm her. Plötzlich hielt er inne. Es war zu langweilig mit der Tür ins Haus zu fallen. Er sollte seinem Feind wenigstens eine kleine Warnung zu kommen lassen. Lieber begegnete er seiner Armee hier auf offenem Felde, statt sie in einer gut gesicherten Festung zu sehen. Mammon! Dein Kopf wird bald unter dem Sand dieser Welt begraben liegen und dein Reich wird mein sein. Der telepathische Schrei, ließ den Papst zusammenzucken. „Was soll das?!“, zischte er den König an. „Wollt Ihr, dass sie uns unbedingt töten?“ Zufrieden lächelnd schaute der König zum brennenden Himmel. Seine Drohung schien die passende Antwort bekommen zu haben. Ein großer Feuerball fiel auf die Erde nieder. Explosionsartig bildete sich eine Staubwolke am Boden. Aus dem Dunkel schälte sich eine magere Gestalt heraus. Man konnte bei ihr jede einzelne Rippe zählen. Aus ihren Händen wuchsen knöcherne Klingen, von denen etwas Grünliches tropfte, wahrscheinlich Gift. Es besaß keine Zähne. Augen schien es auch keine zu haben. Dort wo sie sich eigentlich befinden sollten, war nur Haut und Knochen vorhanden. Es schnupperte in der Luft. Was soll das denn sein?, fragte sich der König. „Ein mehrfacher Mörder. Ein Schlächter. Und sogar ein Selbstmörder. All diese Sünden habe ich in all den Jahren noch nie auf einmal gerochen.“ „M-m-Minos.“, stotterte der Papst. Das war also der berühmte König Minos. Es war dem König eine Ehre einen Feind wie ihn auf dem Kerbholz zu haben. Kaum, dass er sich diesen Gedanken gedacht hatte, ruckte Minos Kopf in die Richtung seines Gegners und im selben Moment war er verschwunden. Sofort stand er hinter dem König. Er schnupperte an seinem Nacken. „Das Tier in dir ist äußerst stark. Es war lange gefangen, doch nun bahnt es sich seinen Weg in die Freiheit.“ Und bringt mir mehr Macht, als ich mir je erträumt habe, durchzuckte es den König. Ruckartig drehte er sich um. Seine Klauen zielten auf die Kehle Minos. Aber der duckte sich unter dem Schlag und stieß in einer fließenden Bewegung seine knöchernen Klingen in den Bauch des Königs. Schnell schloss sich die Hand des Königs fest um den Arm Minos, der in seinem Bauch steckte. Mit einem gezielten Schlag ins Gesicht, brach er Minos den Schädel. Der taumelte einen Schritt zur Seite. Der König setzte einen gezielten Tritt gegen die Körpermitte an. Reißend trennte der Tritt den Ober- vom Unterkörper. Verzweifelt versuchte Minos noch mit seiner verbliebenen Hand, die Kehle des Königs aufzuschlitzen, doch Minos Hand wurde in der Luft aufgefangen. Knackend brach der König Minos Hand. Das Blut staute sich in den Fingerspitzen an. Die Haut brach auf und das Blut spritzte in alle Richtungen. Minos öffnete den Mund. Er schien wohl noch irgendwelche berühmten, letzte Worte sagen zu wollen, doch sein Körper machte verfrüht schlaff. „Keine Sorge, er wird nicht wieder aufstehen. Nur die Verdammten müssen hier auf ewig sterben.“ Der Ausdruck in den Augen Francescos wechselte von Verängstigung zur Häme. „Ihr habt Minos getötet. Ihr habt Minos getötet! Vielleicht seid Ihr ja doch mehr, als es den Anschein hat. Vielleicht könnt Ihr es schaffen.“ Er schien auf so etwas wie eine Belohnung aus zu sein, wenn der König den Thron der Hölle bestieg. Mit einer Geste gab der König dem ehemaligen Papst zu verstehen, dass er ihn weiter führen sollte. Bereitwillig ging er weiter, ohne zu bemerken, dass aus dem Rücken des Königs eine zweite Wirbelsäule wuchs. Das Biest wurde immer mächtiger. Aber das war bei weitem noch nicht genug. Er brauchte mehr. Mehr Blut. Mehr Leben. Aber vor allem mehr Macht.
Der heiße Wind blies den Sand gegen die Gesichter der Reisenden. Dem König konnte der Wind nichts anhaben, im Gegensatz zum Papst. Erbarmungslos fetzte der Wind dem heiligen Mann das Fleisch von den Knochen. Sollte sein Führer doch leiden, was ging ihm das an? Wenn Francesco starb, gab es immer noch genug andere Freiwillige. Der Sturm ließ ruckartig nach. Nicht mal ein laues Lüftchen regte sich. Langsam wuchs die Haut des Papstes wieder nach. „Wir sind jetzt im Auge des Sturms. Aber Vorsicht. Hier sind vor einigen Jahren, ein paar mächtige Verdammte aufgetaucht.“ Als ob jemand seinen Aufstieg aufhalten konnte. „Du solltest auf ihn hören, Dreckssack.“ sagte eine Stimme zum König. Der Sand wuchs in die Höhe und nahm die Konturen eines Mannes an. Irgendwoher kannte der König dieses Gesicht. Aber er kam nicht auf den Namen. „Du erinnerst dich nicht an mich? Mich, den einzigartigen Fletscher. “, sagte der Sand beleidigt. „Es ist lange her. Denn hier,“, er zeigte auf die Umgebung um ihm herum. „vergeht die Zeit viel langsamer. Du hast mehrerer Jahrhunderte gebraucht um hierher zu kommen und nun werde ich dich hier mal einweisen, damit du weißt, was es heißt in der Hölle zu sein.“ Fletscher steckte seine sandige Hand in den Boden. Auf einmal wuchsen Gitterstäbe in die Höhe. Sie schlossen den König komplett ein. Mit dem Blick eines gefangenen Raubtieres starrte der König sein ehemaliges Opfer an. Der Hunger brannte in seinem Magen. Ob Fletscher wohl noch immer Blut in den Adern hatte? Wohl eher nicht. Aber die absolute Sicherheit ging einher mit seiner Freiheit. Aber wie sollte er dem Käfig entkommen? Wieder ertönte das blutrünstige Gebrüll seines inneren Biestes und formte die Hände des Königs zu todbringenden, eisernen Klauen. Zischend fuhren sie durch die Luft und machten kurzen Prozess mit dem Käfig. Wütend vor sich hin schnaubend, rannte der König auf Fletscher zu. Seine Füße stapften durch den Sand. Etwas wickelte sich plötzlich um seine Fußgelenke und brachte ihn zum Stolpern. Tentakeln aus Sand zerrten an seinen Beinen. Als ob mich das aufhalten könnte, dachte er sich. Sein Vampirschrei brachte die Tentakeln zum Explodieren. Schnell stand er auf und stierte auf die Stelle, an der bis vor kurzem noch Fletscher gestanden hatte. Wohin war er jetzt schon wieder verschwunden? Seine Frage wurde beantwortet, als sich ein gewaltiges Sandmaul um ihm schloss und alles verdunkelte. Das Maul schaute zufrieden schmatzend drein. Plötzlich rieselte ihm der Sand aus der rechten Wange aus. Der König hatte seine Klauen gegen die Mundwand eingesetzt. Der Kopf ruckte zur linken Seite. Dann nach unten. Und schlussendlich nach oben. Der König sprang aus der Schädeldecke des Sandmauls. Plötzlich zerlief der Sand wieder und blieb still, für immer und ewig. Böse Lächelnd betrachtete der König seine Hand. Jetzt wo er mehr, als ein einfacher Vampir war, hatten sich seine Fähigkeiten verbessert. „Und schon wieder ein großartiger Sieg Eurerseits. Jetzt wisst Ihr von den Neuen, die hier aufgetaucht sind. Aber sie scheinen Euch auch zu kennen. Seid Ihr ihnen in einem anderen Leben begegnet?“ Der König würdigte die Frage keiner Antwort. Sein Lakai musste auch nicht mehr, als unbedingt nötig wissen. Es reichte, dass er ihn führte und seinen Platz kannte. Aber nun stellte sich ihm die Frage, wer von seinen schon längst besiegten Gegnern hier noch auf ihn warten würde. Während seiner Reise hatte er noch genug Zeit, sich das zu fragen. Er bemerkte aber nicht den Schatten, der seiner Spur folgte und im Wind schnüffelte.
Sie hatten inzwischen einen See aus schwarzem Teer entdeckt, der perfekt zum Rasten geeignet war. Francesco XIII. war leider nicht in der besten körperlichen Verfassung. Der König konnte nicht anders, als über diese Gebrechlichkeit mit den Augen zu rollen. Er saß unter dem Leichnam eines verkrüppelten Baumes, der aus einer Erdkuppe wuchs. Der Wind pfiff ihm um die Ohren und trug die Schmerzensschreie der Verdammten zu. Welch liebliche Melodie. Sein Gehör nahm ein Geblubber wahr. Was war das? Der Teer blubberte. Den Wellen nach, bewegte sich etwas dicht über der Oberfläche des Teers. Ihm entstieg ein junger Asiate, mit einem verbrannten Schädel. Der Dhampir, den der König seines Gesichtes beraubt hatte. Natürlich war auch er in der Hölle. Welcher seiner Feinde war das eigentlich nicht? Aber es war auch egal. Der König hatte sie schon einmal besiegt und er konnte es wieder tun. „Endlich. Ich warte schon ein Leben lang darauf, mich bei dir für das hier“, er fuchtelte mit der Hand vor seinem Gesicht rum. „zu bedanken.“ Wütend brüllend warf sich aus dem Nichts eine Wölfin, mit gefletschten Zähnen und riesigen Klauen, auf den König. Schnell machte er einen Schritt zur Seite. Seine Klauen packten den Schwanz der Bestie und schmetterten ihren Körper zu Boden. Dann schleuderte er sie gegen den Dhampir. Gluckernd gingen sie im heißen Teer unter. Zwei Fliegen mit einer Klappe, dachte er. Er hatte damit etwas Zeit gespart. Doch er hatte sich zu früh gefreut. Gluckernd tauchte aus den schwarzen Tiefen der Dhampir auf. Er hatte sich verändert. Sein Körper war beharrter. Die Masse an Muskeln hatte auch zugenommen. Sein Unterkörper war jetzt die Wölfin. Wie ein Reiter, der mit seinem Reittier verschmolzen war. „Flora und ich hatten schon immer eine enge Bindung zueinander.“ Die Wölfin bestätigte dies mit einem drohenden Knurren. Sie schien jetzt ebenfalls größer und muskulöser. Ihr Fell war struppig und mit Teer verklebt. Brüllend stürzten sich die vereinten Feinde auf den König. Der hielt schützend seinen Arm vor sich. Wütend verbiss sich die Wölfin darin. Mit einem zischen ätzte sich das Blut des Königs durch Floras Kiefer. Erschrocken ließen die Beide von ihm ab. Kalt schleuderte der König sein Blut gegen sie und fügte ihnen schlimme Verätzungen zu. Schreiend schmolzen sie dahin. Ohne Mitleid oder Gnade. Jetzt würde es weitergehen, egal wie erschöpft sein Diener war.
„Da vorne ist sie, Herr. Mammons Festung.“ Prächtig streckte sich die Burg in den Himmel, eines düsteren Königs würdig. Ihre samtschwarzen Steine passten perfekt zu dem blutroten Sand, auf der sie erbaut worden war. Und der brennende Himmel gab dem ganzen noch eine besondere Note. Ja das würde seine Residenz sein. Vor dem Tor stand ein Asiate, in der seltsamen Tracht seines Landes. An seiner Seiter baumelte ein Samuraischwert Auf eine seltsame Art und Weise kam er dem König bekannt vor. War es nicht der Vater des Dhampirs? „Bis hier her kommst du und keinen Schritt weiter.“ „Glaubst du wirklich, den künftigen Herrscher der Hölle aufhalten zu können.“ Die Belustigung des ehemaligen Heiligen war unüberhörbar. Ein vernichtender Blick machte seiner Worte schnell ein Ende. „Mit niederen Verdammten rede ich nicht.“ Seine Augen begannen zu glühen. Ein hirschähnliches Geweih spross aus seinem Kopf. Sein Leib wurde schmal und lang. Einem Reptil gleich schlängelte er sich aus der Kleidung. Nun schützte ein Schuppenkleid seinen Körper. Jede eine einzelne Schuppe hatte die Form einer glitzernden, sich schlängelnden Schlange. Langsam bewegten sich die wütend zischenden Schlangen, wo eigentlich die Schnurhaare des Ungetüms sein sollten, im Takt einer unsichtbaren Melodie. Ein Drache des Ostens aus der Hölle. Der fehlte mir noch in meiner Sammlung toter, exotischer Ungeheuer. Der Drache verschlang den König mit einem Happen. Mühsam und sperrig öffnete sich das Maul des Untiers. Wütend stemmte der König sich aus dem Maul. Mit einem tosenden Gebrüll packte der König den Drachen bei dem Geweih. Sein ehemaliger Gegner bot all seine Kraft auf, aber er konnte dem Druck nicht standhalten. Mit einem widerlichen Knacken brach sein Genick. Das Biest im Inneren des Königs brüllte voller Genugtuung. Es veränderte die Züge des Königs. Seine Verwandlung in einem Dämon war damit schon fast abgeschlossen. Majestätisch schritt er auf das Tor zu. Mit bloßen Händen riss er es auf. Krachend sprangen die Tore aus den Angeln. Papst Francesco hatte Probleme den schnellen Schritten des Königs zu folgen, der sich währenddessen zu fragen begann, was aus dem größten seiner Widersachen geworden war. Was war mit dem falschen Pfarrer passiert? Aber die Antwort blieb aus. Eine ganze Armee stellte sich ihm in den Weg. Viele große und kleine Dämonen wollten ihn aufhalten, doch der König war wie eine Naturgewalt. Keine Insekten konnten ihm sein Recht zu herrschen nehmen. Die Leiber wurden von ihm zerstückelt und zerfetzt. Der Boden ertrank in Blut. Die Füße des Königs standen knöcheltief in dem roten Nektar der Hölle. Francesco war schon längst geflohen. Diese Grausamkeiten konnte nicht einmal er mit ansehen. Dem König war dies nur Recht. Er brauchte diesen Sklaven nicht mehr. Wenn er floh und die Geschichte des neuen Herrschers erzählte, war er viel nützlicher. Das Tier brüllte unterdessen unerlässlich. Es war ein Brüllen der Freude über das Blutbad. Es machte den König größer und schenkte ihm ein Gebiss, eines Teufels würdig. Nun war er vollkommen. Nun würd sich ihm nichts entgegenstellen.
Endlich war der König im Thronsaal. Hier würde er sein Recht über die Hölle zu herrschen erlangen. An den Wänden waren blutrote Wandteppiche. Die einzelnen Figuren und Umgebungen bewegten sich. Sie spielten Szenen von größter Grausamkeit und Brutalität nach. Aus den starken Säulen starrten Gesichter, deren Augen voller Angst und Schmerz erfüllt waren, heraus. Es schien, als wenn sie in den Säulen eingesperrt worden wären und versucht hätten aus ihrem Gefängnis zu fliehen. Ihre Hände ragten verzweifelt aus dem Gestein. Die Decke war durchsichtig und zeigte den brennenden Himmel. Der Boden war aus Glas, unter dem sich ein dunkelgrünes Inferno abspielte. Und dort vorne, umspielt von einer Aura rötlichen Lichts, in Schatten gehüllt, saß sein Gegner auf einen Thron. Sein Sitz war aus blanken Knochen gefertigt worden. Mammon stützte den Kopf mit der Faust. Er schien zu dösen. Vor ihm! Demjenigen der ihm die Macht entreißen würde! Arrogant schritt der König auf seinen Gegner zu. Mit jedem Schritt sah er vor seinem geistigen Auge die Gegner, denen er auf dem Weg hierher begegnet war. Alle waren von ihm schon mal besiegt worden. Nur einer nicht. Der falsche Pfarrer. Also war auch er zu einem Dämon mutiert. Das konnte ein interessanter Kampf werden. Aber etwas an ihm störte den König. Er hatte den Pfarrer kämpfen sehen und diese Körperhaltung wollte gar nicht zu dem Bild passen, das er von ihm hatte. War er es nun, oder nicht? Mammon öffnete seine lilafarbenen Augen. Schweigend zeigte er auf eine der Säulen. Tatsächlich starrte aus ihr der Pfarrer heraus. Er schien genau dasselbe Ziel verfolgt zu haben, wie er. „Gehörst du zu ihm?“ Der König schüttelte verneinend den Kopf. „Bist du hier, um mir deine Dienste anzubieten?“ Knurrend entblößte der König sein Gebiss. „Ich werte das mal als ein Nein.“ Als die Hufe des Teufels auf den Boden aufkamen, splitterte das Glas funkensprühend und in der Halle herrschte ein Donnern, das die Ohren des Königs fast taub werden ließ. Fast der gesamte Körper Mammons war behaart. Jedoch waren die Fäuste, der Brustkorb und Teile des Rumpfes mit einem Schuppenpanzer geschützt. Zwei knallrote Hörner ragten aus dem Pelz. Aus dem dichtem, dunkelbrauen Fell schaute ihm ein knallrotes Dämonengesicht entgegen. Ein kuhähnlicher Schwanz peitschte freudig durch die Luft. „Wieder ein Herausforderer. Wieder ein neues Gesicht für meine Halle. Und vielleicht wieder eine neue Szene in meinem Wandteppich. Vorausgesetzt, du schaffst es mich ins Schwitzen zu bringen, dein Freund hier“, er nickte in Richtung des Pfarrers. „hat es nicht geschafft.“ Die Augen des Königs wurden zu schmalen Schlitzen. Als wenn er diesem abgebrochenen Riesen, der fast doppelt so groß und breit wie er war, nicht zerquetschen könnte. Der König sprintete auf Mammon zu. Er wollte dem Teufel einen Kinnhacken verpassen. Im letzten Moment jedoch streckte der Dämon die Faust von sich. Wie der blutigste Anfänger lief der König gegen die Faust. Knackend brach sein Schädel. Schliddernd rutschte er auf dem Boden entlang. Wäre er nicht schon tot gewesen, hätte er nicht so leicht wieder aufstehen können. Langsam und behebe setzte er sich hin und wischte sich das Blut von der aufgeplatzten Lippe. Hungrig leckte er sich den roten Nektar vom Handrücken. Wie hatte er nur auf so einen billigen Trick reinfallen können? War er nicht durch die Jahrhunderte so im Kampf bewandert, dass er seine Kunst perfektioniert hatte? Aber wie hatte er dann so einen Narren aus sich machen können? Unbändige Wut packte den König. Er würde sich doch nicht von einem dahergelaufenen Dämon geschlagen geben. König über die Hölle hin oder her. Er würde nicht aufgeben. Der Fußboden bebte mit jedem Schritt, den der König tat. Die gesamte Halle zitterte vor ihm. Der vorfreudige Gesichtsausdruck Mammons war wie weggewischt. Endlich schien er sich den Ernst seiner Situation bewusst geworden zu sein. Die Klauen des Königs schlitzten das Gesicht des Dämons auf. Nach hinten taumelnd, hielt Mammon sich das Gesicht. Diese Schwäche nutzte der König gnadenlos aus. Er trat gegen sein rechtes Knie und zertrümmerte es. Wieder zitterte der Thronsaal unter dem Kampf der Titanen, als Mammon auf den gläsernen Boden fiel. Wieder und wieder schlug der König auf den Teufel ein. Wieder und wieder bebte die Erde unter seinen Urgewaltenschlägen. Der Glasboden begann rissig zu werden. Plötzlich unterbrach der König seine Attacken. Er schloss die Augen und sammelte seine letzten Kraftreserven. Seine rechte Hand umschloss seine linke Faust. Mit einem schicksalshaften Schlag durchbrach der König den Panzer seines Feindes und die Scheibe darunter. Beide Kämpfer stürzten ins grüne Inferno. Im letzten Moment bekam der König jedoch den scharfgezackten Rand der Scheibe zu packen. Aber auch sein Gegner war nicht untätig geblieben. Der hatte sich an seinem Knöchel geklammert. Mit den Augen einer wahren Bestie starrte der König zu seinem Gegner hinab. Sein Brustpanzer war weg und man sah, sein noch schlagendes Herz. Brutal schlug der König sein noch freies Bein gegen das Gesicht des Gegners. Der Tritt kam für ihn so überraschend, dass er losließ und in die grüne Flammenhölle fiel. Mit Genugtuung sah der König, wie sein Feind im Feuer umkam. Seine letzten Kraftreserven mobilisierend, schaffte er es über die Kante. Müde schleppte der König sich zu seinem neuen Thron. Achtlos ließ er sich auf den Knochen nieder. Nun hatte er endlich wieder ein Reich, über das er herrschen konnte. Wer würde ihm sein Recht jetzt noch verweigern? Aber es gab noch wichtige Angelegenheiten zu regeln. Seine Geliebte war im Himmel. Er war in der Hölle. Es wurde Zeit ihr einen Besuch abzustatten und ihr für die Zeit als ihren persönlichen Sklaven mit Zins und Zinseszins zu vergelten. Und so begann die Schreckensherrschaft des Königs. Ein Beispiel grenzenlosen Hasses, gnadenloser Folter und unbändiger Wut. Selbst die brutalsten und grausamsten Dämonen lernten ihn zu fürchten. Der König ging als der schrecklichste Herrscher der Hölle in die Geschichte ein. Erst nach einer langen- sehr langen- Herrschaft kam eine unerwartete Wendung.

The End
Hier die Fortsetzung von "Das verschneite Dorf". Ich habe zwei verschiedene Versionen geschrieben, da ich keine Lust hatte zwischen Gut und Böse zu wählen, wälze ich es auf euch ab. Entscheidet ihr, was ihr wollt. Comments wären nett.

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