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Die Rueckkehr der Spinnenfee

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Mimi war stinksauer. Die Wirkung ihre selbstgezüchteten Bäume begann nachzulassen und sie wusste nicht warum. Es gab für die Gnomin nichts Schlimmeres als die Unwissenheit. Unwissenheit darüber zum Beispiel ob es in diesem namenlosen Dorf Aussichten auf Profite gab. Ansonsten musste sie sich damit begnügen, dass ihre Gewinne unbeeinflusst weiter schrumpften. Nur deshalb begleitete sie die Amazone und diese komische Elfe mit den seltsamen Augen.
Seit kurzem waren die Spinnen wieder ausgenommen aggressiv geworden und hatten das Dorf angegriffen, obwohl die Bäume sie eigentlich zu einem Abstand von mehr als zweihundert Metern zwingen sollten. Mimi hatte sämtliche potenziellen Problemfaktoren untersucht, ohne auf irgendetwas zu stoßen. Natürlich gaben die Menschen ihr die Schuld dafür. Am Ende hatte sie gedroht von einer wütenden Meute öffentlich massakriert zu werden, was vermutlich trotzallem besser war als den Roten Tüchern in die Hände zu fallen. Allen voran wurden sie von einer alten Frau namens Gloria angeführt, die meinte, dass Mimi allen den Untergang in Form eines qualvollen Todes brachte. Doch ehe sie ihrem verfrühten Ende begegnen konnte war Riaens eingeschritten und hatte gemeint, dass sie bei einigen Rundgängen durch den Wald auf keine Spinnenanzeichen bei den üblichen Brutplätzen gestoßen sei. Die Vermutung lag nahe, dass sie sich tief im Inneren des Waldes sammelten und sie jemand von dort aus auf das Dorf zusteuerte.
Da Mimi auch ein eigenes Interesse hegte dass die Ursache dieses Problems gefunden wurde begleitete sie die beiden Kriegerinnen, auch wenn die Alchimistin eigentlich kaum kämpfen konnte. Aber sie schätzte ihre Überlebenschancen mit den beiden besser ein als mit einem wütenden Dorf alleingelassen zu werden. Allerdings waren die beiden Frauen der Gnomin auch nicht geheuer. Riaens tat so als wenn sie, trotz ihrer Erscheinung und offensichtlichen Herkunft, keiner Fliege was zuleide tun könnte. Doch Mimi war bereits einigen Amazonen begegnet und es stimmte was alle sagten. Sie waren grimmige Kriegerinnen die Männer als Schwächlinge verachteten und sie waren auch für ihre Brutalität allseits bekannt und gefürchtet. Aber diese Elfe war noch furchteinflößender. Sie wirkte stets passiv sowie abwesend und tat nichts was ihr Riaens nicht befahl. So etwas war doch nicht normal und Mimi vermutete dass diese Jaq eines Tages alle im Dorf ohne erkennbaren Grund abschlachten würde. Deshalb hielt sich die Gnomin soweit es ging von dieser Elfe mit dem roten Ihro fern. Doch dieses Mal ließ es sich nur schwerlich vermeiden, aber zum Glück war für den Fall der Fälle immer noch die Amazone dabei und die Alchimistin versuchte stets hinter ihr zu bleiben um sie in der Not als menschlichen Schutzschild zu benutzen.
Plötzlich hielt Riaens an. »Hier!«, sagte sie und deutete auf kaum merkbare Abdrücke im Boden.
Die Fähigkeiten der Amazonen waren fürwahr mitunter sehr furchteinflößend, die meisten Spurenleser hätten dies einfach übersehen.
»Sie sind hier lang gekommen, aber das ist schon einige Tage her. Es müssen eine Menge von ihnen gewesen sein. Wartet, sie sind in Marschformation gegangen. Also können wir wirklich davon ausgehen, dass sie gesteuert werden.«
»Halt! Wer da?« Eine zierliche Gestalt mit grünen, braunen, und schwarzen Sprenkeln stand urplötzlich vor den dreien. Ihre langen Haare waren wie saftiges Laubwerk und in der Hand hielt sie einen Bogen. Sie sprach zudem in einem übertrieben beschwörenden Tonfall.
Mimi hatte schon von ihnen gehört, doch nie an ihre Existenz geglaubt. Wer hätte gedacht, dass es auf dem neuen Kontinent wirklich Feen geben würde.
»Wir suchen nach den Spinnen in diesem Wald. Sie greifen unser Dorf an«, antworte Riaens souverän.
»Ihr! Eure Anwesenheit ist schuld, ihr vergänglichen Wesen! Durch euer törichtes Auftauchen habt ihr die Spinnenfee zu früh geweckt! Jetzt müssen wir mit dem Ritual beginnen, bevor es zu spät ist.«
Die Amazone beugte sich zu Jaq hinüber und meinte: »Der redet ganz schön seltsam.«
»Schweigt still! Ihr habt ja keine Ahnung was ihr da entfesselt habt, große Frau! Die Spinnenfee ist eine ruchlose Kreatur die uns alle vernichten wird!«
»Aber gibt es da nicht dieses Ritual, welches du eben erwähnt hast?«, wand Mimi ein.
»N-nun…«, die männliche Fee schien etwas aus dem Konzept gebracht worden zu sein und schien sichtlich beschämt fortzufahren. »Sie ist ein wenig seltsam, in letzter Zeit. Sie … sie entwickelt eine gewisse Eigeninitiative die wir so noch nie gesehen haben. Vermutlich würde das Ritual eh nicht funktionieren, denn normalerweise verhält sie sich jedes Mal gleich, doch diesmal hat sie alle Spinnen im Wald versammelt um alles zu vernichten und ein Reich der Spinnen aufzubauen!«
»Das klingt nach Spaß!«, rief die Amazone freudig wie ein kleines Kind.
»Soll das heißen, dass ihr drei Wahnsinnigen gegen dieses Ungeheuer kämpfen wollt?«
Mimi dachte darüber nach und befand dass es nicht sonderlich schön sein könnte von Spinnen gefressen zu werden. Und sie wollte sich noch nicht einmal vorstellen, was diese wahnsinnige Fee mit ihnen anstellen würde. »Nun, …«, trat die Gnomin zögerlich den Rückzug an.
»Führ uns zu ihrem Versteck und wir machen sie alle platt«, sagte Riaens und um ihren Worten den nötigen Nachdruck zu verleihen schlug sie mit ihrer Faust in die leere Hand.
Der Feen-Mann zuckte nur gleichgültig mit den Schultern und fuhr mit weniger beschwörender Stimme fort: »Also gut, ist ja glücklicherweise nicht meine Beerdigung.«
Die Alchimistin wollte noch gegen die Idee der ebenso furchtlosen wie dämlichen Kriegerin protestieren, doch das Wort »Beerdigung« ließ ihre zum Einspruch erhobene Hand in der Luft hängen und sie selbst fassungslos zurück. Vielleicht wäre sie dort geblieben, wäre ihr nicht klar geworden, dass sie drohte in den Tiefen dieses unheimlichen Waldes verloren zu gehen. Also rannte sie los so schnell es ihre kleinen Beine zuließen, um nicht den Anschluss an die anderen zu verlieren.
Das Trio ließ sich von seinem Führer immer tiefer in den Wald geleiten. Mimi glaubte schon fast daran, dass er sie in einen Hinterhalt führen wollte, doch irgendwann blieb er vor einem gewaltigen ausgehöhlten Baum stehen. Er gab den dreien zu verstehen, dass sie am Ziel waren und die wahnsinnige Schurkin sich für gewöhnlich an der Spitze dieses riesigen Baumes befand. Anschließend nahm er die Beine in die Hand und rannte in heller Aufregung davon, was Mimi als kein gutes Zeichen ansah. Aber nichtsdestotrotz blieb sie bei den anderen beiden. Wenn sie selbst überleben wollte, durfte sie nicht alleine sein.
Zunächst galt es jedoch den Abgrund zu überwinden, dessen Boden das dämmrige Tageslicht nicht erreichen konnte. Danach kletterten und kämpften sie sich zur Spitze des ganzen durch, nur um herauszufinden, dass die Spinnenfee nicht dort war. Vermutlich waren sie einer Falschinformation aufgesessen, die nicht zwangsläufig einer böswilligen Absicht entspringen musste. Schließlich entschlossen sie sich die starken Spinnenfäden hinunterzuklettern um den Abgrund zu untersuchen. Vielleicht würden sie ja dort fündig werden.
Schließlich gelangten sie in ein unterirdisches Tunnelsystem und dort auch auf zahlreiche Spinnen. Während die beiden Kriegerinnen sich mit ihrem Stahl erwehrten, warf Mimi kleine Reagenzgläser um sich die mit verschiedensten Flüssigkeiten gefüllt waren. Manche waren gefräßige Säuren, während andere Pheromone waren und die Spinnen gegeneinander aufhetzten. Irgendwann fanden sie das Nest der Arachniden und in diesem Gefüge aus Fäden befand sich eine grazile Fee mit pechschwarzem Haar und einer Haut so dunkel wie Tannengrün. Aus ihrem Rücken ragten acht große Spinnenbeine und ihre Augen leuchteten in einem hellen Gelb. Während Mimi versuchte sich im unumgänglichen Kampf rauszuhalten und sich versteckte, kämpften Riaens und Jaq nur umso verbissener.
Schlussendlich jedoch besiegten sie die Spinnenfee. Die Amazone war gerade dabei den finalen Schlag auszuführen als ihre Feindin ergebend das Haupt senkte und meinte: »Schlag zu! Lieber sterbe ich als freies Wesen, denn je wieder geopfert zu werden.«
Riaens hielt inne. »Moment. WAS?!«
»Wisst ihr Sterblichen denn gar nichts?«, kam es herablassend von ihr zurück. »Ich bin dazu verdammt alle paar Jahrzehnte wiederaufzuerstehen und mit meinen Spinnen die anderen Feen anzugreifen, so wie ich es einst aus freien Stücken tat, doch sie mussten mich unbedingt an ein Naturritual ketten. Nun muss ich es jedes Mal genauso machen, muss immer die Schurkin sein, die sie brauchen um den Frühlingsbeginn zu feiern, wie eine Rolle in einem abstrusen Stück. Ich sterbe, stehe wieder auf und sterbe, nur damit es wieder von vorne beginnt. Eine Sterbliche dürfte das wohl kaum verstehen.«
Mimi entdeckte einen kleinen lilanen Kristall auf dem Boden und stecke ihn interessiert ein. Man konnte nie wissen um was es sich dabei handelte. Sie würde ihn später untersuchen, nun wo ihr Überleben scheinbar gesichert war.
»Also, sie opfern dich einfach so für ein Frühlingsfest?«
»Grob ausgedrückt, ja.«
»Das ist nicht fair! Ich weiß da was besseres.« Ein hinterlistiges Grinsen umspielte Riaens Lippen, als sie der Schurkin die Hand reichte.

»Ihr werdet niemals gewinnen, Spinnenfee!«, sagte der Feen-Mann der die drei Frauen zum hohlen Baum geführt hatte.
Einige Spinnen die unter der Kontrolle ihrer Meisterin standen, welche sich selbst als Morrigan vorgestellt hatte, bewegten mit ihren dünnen Beinen eine Puppe aus Stoff und Blättern. Die Feen schienen jedoch diesen sichtbaren Unterschied nicht zu erkennen.
Riaens, Jaq, Mimi und Morrigan beobachteten das ganze Fest der Opferung der Spinnenfee aus sicherer Entfernung.
»Wow, das ist echt dämlich«, bemerkte die Schurkin. »Wieso bin ich nicht schon früher darauf gekommen abzuhauen? Ich meine, das ist eine verdammte Puppe! Die merken aber auch gar nichts! Jeder kann doch sehen, dass sie bewegt wird!«
Somit wurde alles schlussendlich gut. In dem Dorf ohne Namen kehrte Frieden ein. Riaens und Jaq gründeten kurz darauf eine Gilde der Helden, während Mimi einen Alchimieladen eröffnete und durch die lilanen Kristalle in der Höhle stinkreich wurde, da sie ein seltenes sowie begehrtes Mineral waren um die Wirkung von Tränke zu verstärken. Morrigan hatte zuerst nicht gewusst wohin mit sich selbst und so folgte sie den dreien ins Dorf wo sie schnell zur Unruhestifterin wurde, doch das ist eine andere Geschichte.
Alle waren glücklich, bis auf Gloria die kurz vor dem Suizid stand um wenigstens einen Toten in ihrer leeren Prophezeiung vorweisen zu können. Doch ihr fürsorglicher Sohn konnte sie davon abhalten. Allerdings nimmt niemand mehr ihre Schwarzseherei ernst.

The End
Mimi begleitet die beiden Heldinnen auf eine Mission um das Böse im Wald zu beseitigen.

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